Tipps für die Umsetzung im Unterricht
Am einfachsten beginnt man damit, in Stillarbeitsphasen oder bei den Hausaufgaben unterschiedliche Angebote zu machen und die Auswahl der Aufgaben den Schülerinnen und Schülern selbst zu überlassen.
Bewährt hat sich das Stellen sogenannter „Oder -Hausaufgaben“, d.h. die Schülerinnen und Schüler dürfen zwischen zwei Aufgabenblöcken wählen. Ein Block enthält reine Übungs- und Wiederholungsaufgaben, während bei einem zweiten Block nur die Hälfte der Übungsaufgaben (z.B. jede zweite) gelöst werden muss und zusätzlich Transfer oder eigene Denkleistung erfordernde Aufgaben zu bearbeiten sind.
In Stillarbeitsphasen kann man die Aufgaben im einfachsten Fall an die Tafel schreiben oder im Klassenraum bereitlegen (Lerntheke). Jeder Schüler/jede Schülerin darf sich so viele Aufgaben auswählen, wie er/sie möchte. Sie dürfen zu schwierige Aufgaben zurücklegen oder Hilfe holen. Die Lösungen der gestellten Aufgaben kann man, nachdem sie von den meisten Schülerinnen und Schüler bearbeitet wurden, an die Tafel schreiben oder von einem Schüler/einer Schülerin anschreiben lassen. Wenn man dazu die Rückseite der Tafel benutzt, kann man die Tafel später umklappen. Wenn computergestützte Tafeln zur Verfügung stehen, können die Schülerinnen und Schüler Lösungen eingeben und blindschalten. Es ist auch möglich, die Lösungen im Klassenraum auszulegen oder sie den Schülerinnen und Schülern direkt zur Verfügung zu stellen. Es gibt zwar anfangs einige Schülerinnen und Schüler, die die Lösungen nur abschreiben, aber diese Schülerinnen und Schüler würden auch in einem Unterrichtsgespräch warten, bis die Lösungen von anderen erarbeitet wurden und sie dann ebenfalls nur übernehmen.
Ob man Gespräche mit dem Nachbarn/der Nachbarin oder sogar eine organisierte Gruppenarbeit zulassen kann, ist abhängig von der Arbeitsatmosphäre in der Klasse. Es gibt gute Erfahrungen damit, es zunächst einmal zu versuchen und nur dann zu verbieten, wenn man beobachten kann, dass dies zu häufig für Privatgespräche genutzt wird. Außerdem gilt während dieser Phasen die „Flüsterregel“ (Wenn ich mich mit einem Mitschüler/einer Mitschülerin über die gestellten Aufgaben austauschen will, flüstere ich). Lernende können sich nämlich untereinander oft gut helfen. Man gewinnt so Zeit, sich individuell einzelnen Schülerinnen und Schülern zu widmen, und zwar sowohl den Schwächeren als auch den Begabteren.
Durch diese Vorgehensweise kann man sich sehr schnell einen Überblick darüber verschaffen, welche Schülerinnen und Schüler die Aufgaben schon selbstständig lösen können und wer noch Hilfe braucht. Außerdem kann die Lehrkraft so mit einzelnen Schülerinnen und Schülern während der Unterrichtszeit Gespräche über individuelle Schwierigkeiten (z. B. Prüfungsangst) führen und lernt sie auch viel besser kennen.
Es ist auch möglich, Stillarbeit mit Unterricht zu verbinden, indem man mit einem Teil der Schülerinnen und Schüler ein Unterrichtsgespräch führt und den anderen Teil der Schülerinnen und Schüler mit Stillarbeitsaufträgen versorgt. In einem Mathematik-Grundkurs hat es sich z.B. bewährt, nach einer kurzen Einführung die Schülerinnen und Schüler, die den Stoff schon verstanden hatten, selbstständig Übungsaufgaben lösen zu lassen, während die Lehrkraft dann für die anderen alles noch einmal langsamer und ausführlicher erklärt hat.