Eine einfache Möglichkeit, den Schülerinnen und Schüler eine Aufgabenstellung auf zwei Niveaustufen zur Verfügung zu stellen, ist es, beide auf die Vorder- und Rückseite eines Arbeitsblattes zu kopieren und dieses so auszuteilen, dass die schwierige Variante oben liegt. Man kann dies mit einer Zeitangabe versehen: Wer in ... Minuten nicht weiterkommt, dreht das Blatt um. Tücke des Verfahrens: Man muss es mit der Klasse einüben und auch dann dürfte es Klassen geben, bei denen es nicht funktioniert. Positiv daran ist: Niemand muss sich outen, weil er/sie die komplexere Aufgabe nicht versteht. Die Zeitangabe hilft bei der Einschätzung und objektiviert diese.
Unterschiedliche parallel gestellte Aufgaben
1.1. „oder-Aufgaben“
Die Schülerinnen und Schüler bearbeiten entweder die komplexen oder die weniger komplexen Aufgabenstellungen. Dabei ist ein wichtiges Prinzip, Aufgaben zur Auswahl anzubieten und nicht Schülerinnen und Schüler, die schneller arbeiten, dadurch zu bestrafen, dass sie Zusatzaufgaben machen „dürfen“.
1.1.2. Doppelseitiges Aufgabenblatt
1.2. „Sternchenaufgaben“
Sie eignen sich besonders für Übungsphasen. Hierbei werden die Aufgaben einer Übungsphase (von z. B. 20 min) in drei Schwierigkeitsniveaus gestaffelt: Basisaufgaben (sie erhalten einen Stern: ∗) Aufgaben vom mittleren Anforderungsniveau (sie erhalten zwei Sterne: ∗∗), herausfordernde Aufgabe (drei Sterne: ∗∗∗). Die Bearbeitung der Aufgaben erfolgt nach folgenden Spielregeln:
- Es gibt drei ∗-Aufgaben, drei ∗∗-Aufgaben und eine ∗∗∗-Aufgabe, z.B. aus dem Lehrbuch. Die Angaben zur Verteilung der Sterne kann man an die Tafel schreiben.
- Jede/r bearbeitet in der angegebenen Zeit Aufgaben, mit denen er/sie insgesamt fünf Sterne „sammelt“. Damit ist gewährleistet, dass am Ende der Übungsphase jeder (mindestens) eine Aufgabe vom mittleren Niveau bearbeitet hat.
1.3. Aufgaben mit unterschiedlichen „Levels“
In Anlehnung an die bei Schülerinnen und Schülern sehr beliebten Computerspiele, können Aufgaben verschiedenen Levels (Schwierigkeitsgraden) zugeordnet werden. Den nächsten Level erreicht man erst, wenn man die Aufgaben auf dem vorherigen Level richtig gelöst hat.
Beispiel aus dem Fach Mathematik:
- „Bearbeite 2 Aufgaben. Überprüfe, ob du richtig gerechnet hast.
- Alles richtig? ⇒ Bearbeite eine Aufgabe auf dem nächsten Level.
- 1 Fehler? ⇒ Bearbeite noch eine Aufgabe aus dem gleichen Level.
- Mehr als 1 Fehler? ⇒ Bearbeite eine Aufgabe aus einen niedrigeren Level.“
1.4. Im Schwierigkeitsgrad ansteigende Aufgaben
Zu einem übergeordnetem Thema oder einer komplexen Aufgabe werden verschiedene Teilaufgaben gestellt. Die ersten Teilaufgaben bieten einen einfachen Einstieg, der für alle Lernenden zu bewältigen sein sollte. In weiteren Teilaufgaben steigt das Anforderungsniveau und meist auch die Offenheit der Aufgabe schrittweise. Zwei Vorgehensweisen sind denkbar: Entweder beginnen alle Schülerinnen und Schüler mit der ersten (leichteren) Aufgabe und arbeiten sich dann soweit durch, wie sie kommen oder die Schülerinnen und Schüler entscheiden selbst, an welcher Stelle der Aufgabe sie "einsteigen", d. h. leistungsstarke Schülerinnen und Schüler können die ersten Teilaufgaben überspringen und haben so mehr Zeit, die anspruchsvollen Aufgaben zu bearbeiten. Es ist auch möglich, die Aufgaben nicht nach Schwierigkeitsgrad anzuordnen, sondern sie gleichberechtigt nebeneinander zu stellen. Die Schülerinnen und Schüler entscheiden sich dann für eine der Aufgaben. Die Aufforderung selbst Aufgaben zu erstellen oder eine vorhandene Aufgabe zu verändern, könnte eine weitere mögliche Aufgabenstellung sein.
Beispiel aus dem Fremdsprachenunterricht
Describe the picture
You can choose which task you want to do
- Collect all the words that fit the contents of the picture. (Für alle zu bewältigen.)
- Describe one part of the picture.
- Write down the daily routine of one of the persons in the picture.
- Imagine a conversation between two people in the picture and write it down.
Beispiel aus dem Mathematikunterricht
„An der Anlegestelle einer großen Fähre steht:
- Karte 1 Person: 50 €
- Blockkarte 8 Personen: 380 €
- Blockkarte 20 Personen: 900 €
Von den folgenden 5 Teilaufgaben sollen mindestens 3 behandelt werden.
- Welchen Preis muss eine Gruppe von 4 Personen zahlen?
- Wie viele Karten bekommt man für 300 €?
- Handelt es sich bei der Preistabelle um eine proportionale Zuordnung? Begründe!
- Für 24 Schüler rechnet Frank einen Preis von 1140 € aus. Maike meint, dass die Gruppe noch günstiger fahren kann. Hat Maike Recht? Begründe!
- Die Fährgesellschaft will eine Blockkarte für 50 Personen einführen. Was wäre ein angemessener Preis?“
Quelle: http://www.fachmoderator-mathematik.de/index.php?id=142
(Tipp: Wenn man den Begriff „Blütenaufgabe“ in eine Suchmaschine eingibt, findet man eine Fülle von Beispielen, insbesondere für den Mathematikunterricht)
1.5. unterschiedlich offen gestellte Aufgaben
Man kann eine Aufgabe zunächst sehr offen stellen und dann als Hilfe für Schülerinnen und Schüler, die damit überfordert sind, die Offenheit reduzieren. Wichtig ist hierbei, den Schülerinnen und Schülern die Aufgaben zur Auswahl anzubieten.
Beispiel aus dem Fach Biologie:
Offene Aufgabe: Finde heraus, wie viel eine Stabheuschrecke frisst!
Halboffene Aufgabe: Biete einer einzelnen Stabheuschrecke ein einzelnes Efeublatt und ermittle die täglich gefressene Blattfläche mit Hilfe eines Millimeterpapiers!
Sehr geschlossene Aufgabenstellung: Fülle einen Erlenmeyerkolben randvoll mit Wasser und stelle ein gestieltes Efeublatt hinein. Stelle das Gefäß in ein 1l-Becherglas und setze eine Stabheuschrecke dazu. Decke das Becherglas mit einem Tuch ab und umwickle es mit Bindfaden. Lege täglich das Blatt auf Millimeterpapier und umfahre es mit angespitztem Bleistift. Zähle die Kästchen, die der gefressenen Blattfläche entsprechen, und schreibe die Werte in eine Tabelle.
Beispiel aus dem Fach Deutsch:
Offene, komplexe Aufgabe: Verfasse eine Inhaltsangabe zu Hebels Geschichte „Der Barbierjunge von Segringen“, in der du in eigenen Worten die wichtigsten Einzelheiten in einem sachlichen Stil wiedergibst.
Halboffene Aufgabe mittlerer Komplexität: Verfasse eine Inhaltsangabe zu Hebels Geschichte „Der Barbierjunge von Segringen“, in der du in eigenen Worten die wichtigsten Einzelheiten in einem sachlichen Stil wiedergibst. Achte darauf,
- dass dein Text die typische Gliederung einer Inhaltsaufgabe aufweist,
- dass du alle Sinnabschnitte berücksichtigst und das für Inhaltsangaben vorgeschriebene Tempus sowie bei Bedarf die indirekte Rede verwendest.
Aufgabenstellung mit begrenzter Komplexität: Verfasse eine Inhaltsangabe zu Hebels Geschichte „Der Barbierjunge von Segringen“, in der du in eigenen Worten die wichtigsten Einzelheiten in einem sachlichen Stil wiedergibst. Gehe dabei folgendermaßen vor:
- Teile den Text in Sinnabschnitte ein.
- Fasse für jeden Sinnabschnitt die wichtigsten Informationen in Stichworten zusammen.
- Drücke die direkte Rede indirekt aus.
- Fasse nun den Inhalt mit eigenen Worten in einem sachlichen Stil und in modernem Hochdeutsch zusammen.
- Ergänze deinen Text um eine Einleitung.
- Überprüfe dein Ergebnis mit Hilfe der Checkliste zur Inhaltsangabe.
Unterrichtsbeispiele
Die folgenden Unterrichtsbeispiele haben exemplarischen Charakter und lassen sich auf andere Fächer, Themen und Jahrgangsstufen übertragen.
Methode/Vorgehensweise | Fach | Unterrichtsthema | Download |
---|---|---|---|
verschiedene Aufgaben mit unterschiedlicher Komplexität | Deutsch | Balladenvortrag | verschiedene Aufgaben D Balladen |
unterschiedliche Aufgaben mit Lernhilfen | Deutsch | Zeitung | verschiedene Aufgaben und Hilfen D Zeitung |
Sternchenaufgaben, Hilfen | Englisch | Wortschatzfestigung wordfield “transport“ | Sternchen Hilfen E transport |
Aufgabenset mit unterschiedlichen Levels/Schwierigkeitsgraden | Mathematik | Lineare Funktionen | Level M lineare Funktionen |
unterschiedliche Aufgaben, Hilfen | Mathematik | Geometrische Konstruktionen | verschiedene Aufgaben und Hilfen M Geo |
unterschiedliche Aufgaben, Selbsteinschätzung/ Ergebnissicherung | Naturwissenschaften | Überwinterungsstrategien der Tiere | ![]() |